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Code, Text, Concept, Art

Kunst = Prozess

Von der Inspiration zum Wunsch, vom Schema zur Skizze, vom Gerippe zur Form, von der Rohheit ins Feine, nach der Vollendung der Weg zum Zerfall oder im Zerfall die Vollendung (denken wir dabei an Hendrix` brennende Gitarre oder gegenwärtig organic art) worauf die intensive Freisetzung kulturell befruchtenden Substrats erfolgt . und all dies in immerwährenden Wirbeln

und Strömen IST Kunst. Kunst ist Möglichkeitsform und realitätsstiftende Direktive, lehrt zu schaun, zu hören was bisher ungehört und ungeschaut, nicht da war. Aber Kunst IST nicht für sich, Kunst ist ein Zugang zu all den Möglichkeitsformen unseres Daseins. Und Kunst tut auch weh, ist destruktiv und nimmt uns etwas, Illusionen, Trugbilder, ...oder formt sie zu bösen kleinen Monstern die sich nicht und nicht mehr beiseite schieben lassen. Kunst provoziert und ist oft unangenehm, selbst in ihrer sinnlichen Form- und Farbgebung. Denken wir dabei an PopArt oder etwas klassisch reduzierter, "Der Schrei" von Munch; aber denken wir auch an Matisse, seine Farben die selbst das häßlichste Motiv in lieblicher Frische erblühen lassen. Und da landen wir wohl bei kunstfertig; kunstfertig knüpft sich an Intensität, etwas intensiv zu tun lässt einem darin kunstfertig werden. Matisse erscheint auf den ersten Blick nicht kunstfertig, doch die Kunst die er so unkunstfertig gefertigt hat birgt etwas magisches, etwas das uns an etwas ursprünglicheres knüpft und Vielfalt auf der Zunge spüren lässt, und man kann durchaus sagen, er hat diese Geschmacksexplosion in Serie gefertigt. "Kunst entsteht aus Notwendigkeit, nicht aus Fähigkeit." meinte Schönberg. Um eine Notwendigkeit zu erfüllen wählt man für gewöhnlich den direktesten, reduziertesten Weg. Die moderne Kunst hat sich vor etwas mehr als 100 Jahren aufgemacht, diesem Weg zu folgen. Doch er gestaltet sich steinig und es scheint, man ist heute dazu übergegangen dem Effekt zu fröhnen um den Entbehrungen stand zu halten. Heute sind wir bei den Effekten angelangt, jene welche Rembrandt uns vor 350 Jahren noch kunstfertig im Spiel mit Licht und Schatten vorgezaubert hatte und Matisse in Linie und Farbe Jahrzehnte studierte, fließbandisiert heute Daniel Buren - um nur ein Beispiel heranzuziehn - heruntergebrochen auf ein Bündel an optischen Effekten die uns räumliche Tiefe, Flimmern, Bewegung vortäuschen. Statisches Rauschen. Aber wollten wir dort hin? War nicht der Ansatz, zu reduzieren um die Illusion zur Klarheit zu wandeln? Wollten da nicht seelische Vorgänge Ausdruck finden, sich das Innen nach Außen kehren in Konkretestheit? "Haben die Expressionisten unsere Erwartungen auf eine Kunst erfüllt, die uns die Essenz des Lebens ins Fleisch brennt?" fragt Richard Huelsenbeck 1918 und leitet hin zur Postmoderne, wenngleich sie uns Lyotard erst Ende der 70er fertig formuliert hatte. Das Erhabene als Leitmotiv erhält uns der Gute dabei, . durch welches das Gemüt in Bewegung gerät, wie Kant es vielleicht formuliert hätte. Wir suchen das Erhabene in der Kunst, in der Postmoderne zwar ohne Anspruch auf allgemeinverbindliche Formate wie Ästhetik, Vernunft oder Moral, in der Dekonstruktion, im Sampling, collagiert, codexiert, signifiziert und chaotisch .. in der benannten Autonomie der Kunst eben, aber das Motiv baumelt uns seit der Antike in Karottenform vor der Nase. Der Schritt in die Dimension nach dem benennbar Schönen. Und diese Dimension haben uns wohl Genossen wie Goethe, Steiner, Beuys Schritt für Schritt methodisch eröffnet, das soziale Kunstwerk - der Mensch als Organismus und Organisation modelliert und gestaltet . sich und wird gestaltet, Strömungslinien reliefieren ihn, lassen ihn zur prallen Vollendung reifen und zerreiben ihn schließlich zum Nährboden für neuartige und doch immer wiederkehrende Variationen seinerselbst. Damit wird dem Rezipienten die Autonomie zurückgegeben, die beurteilende welche ihn zum Teil des Werkes macht aber von der Avantgarde einst zersprengt wurde, was zu einer unüberbrückbaren Diskrepanz in der Eigen- und Kollektivwahrnehmung führte und die Auseinandersetzung mit Kunst damit zum Befreiungskampf - zum Diskussionsstoff erhob. Doch bei alle dem geriet die Erlebbarkeit des Werkes für den Betrachter ins Hintertreffen, worauf wohl Huelsenbeck vor knapp 100 Jahren in seinem dadaistischen Manifest reagierte. 2011. Ein, im Sinne gesteigerter Erlebbarkeit des Werkes, unerwartet fruchtbarer Impuls war dabei sicher das Format "happening" der frühen 1960er. Flashmobs sind die zeitgemäßeste Weiterentwicklung dieses Konzepts aber auch die breite Festivallandschaft zeigt wohl auf, daß sich hier soziale Kunstwerke erschaffen die Formen, Farben, Ideen und ganz vorne weg - den jeweilig vorherrschenden Zeitgeist - signifikantest abbilden. Und vielleicht nähern wir uns darin ganz unbemerkt Nietzsches später Forderung "Die Kunst und nichts als die Kunst! Sie ist die große Ermöglicherin des Lebens, die große Verführerin zum Leben, das große Stimulans des Lebens.", unerkannt vom fachkritischen Kunstmarkt, und beherzigen Joseph Beuys "Jeder Mensch ist Künstler!" und beginnen in der Teilnahme wieder das Kunsterleben zu entdecken.