Klangturm 2009 - "Klang bewegt"

biofeedback in artistic context

mind.mooves manifesto

MIND MOVES ist ein bio-akustisches Perpetuum Mobile. Ein Symbol der Allmacht von Körperfunktionen, Maschinen und Klängen, sowie deren Verneinung.
MIND MOVES in der Bibliothek: „Der Körper ist ein verteiltes Hirn.“ (Kodwo Eshun)
Wer bei MIND MOVES mitmacht, ist Teil der Maschine. Wird zum Maschinenteil einer „Wunschmaschine“, die sich immer mehr und neue Verknüpfungen wünscht. Biologische, maschinelle, akustische, optische.
MIND MOVES in der Bibliothek:  Es „beginnt deine Haut, das zu empfinden, was deine Ohren nicht mitbekommen.“ (Kodwo Eshun)
MIND MOVES praktiziert die Auflösung der Körperorganisation hin zu Zuständen bio-akustischer reiner Intensitäten. Angeschlossen an MIND MOVES gibt es nur eine Identität – die zwischen Körper- und Maschinenfunktionen.
MIND MOVES in der Bibliothek: „A composer give up the desire to control sound, clear his mind of music, and set about discovering means to let sounds themselves rather than vehicles for man-made theories or expressions of human sentiments.“ (John Cage)
MIND MOVES ist eine unwahrscheinliche Maschinen. Eine imaginäre Maschine mit realen Effekten auf Grundlage mathematischer Logik beruhen.
MIND MOVES zum Begriff "Maschine": In seinen „Paradigmen zu einer Metaphorologie“ geht Hans Blumenberg 1960 dem Begriff „machina“, „machine“, „macchina“ in historischen Texten nach und kommt zum Schluß: „Sein übergreifender Bedeutungsgehalt geht auf ein komplexes, zweckgerichtetes, aber in seiner Zweckmäßigkeit nicht ohne weiteres durchsichtiges Gebilde, auch eine Veranstaltung dieser Art (zurück): ein listiges Manöver, ein betrügerischer Trick, eine verblüffende Wirkung.“ Willkommen bei MIND MOVES!
MIND MOVES ist ein Kunstwerk bei dem das Reale als funktionierende Maschine produziert wird.
MIND MOVES agiert scheinbar paradox: Durch „Hyperverkörperlichung“ kommt es zu einer Körperintensivierung.
MIND MOVES in der Bibliothek: “Es sind die Maschinen, die live spielen.” (Neil Tennant/Pet Shop Boys 1993)
MIND MOVES sagt nicht "Ich bin Klang", sondern "Mein Körper ist ein fragmentierte Codesystem".
MIND MOVES empfiehlt: Legen Sie Ihre flache Handfläche an Ihr Ohr und hören Sie Sich rauschen.
MIND MOVES in der Bibliothek: „What is the power of your machine?“ “Music.” (Sun Ra: Space Is The Place 1972)
MIND MOVES besteht aus einem biologischen und einem akustischen Maschinen-Element.
MIND MOVES stellt die Trennung zwischen Mensch und Maschine entlang der Diskurse Identität, Kontrolle, Zufall und Auflösung zur Disposition.
MIND MOVES in der Bibliothek: „Der Mensch muß als bedingt tauglicher Maschinenteil, als abhängige Variable und möglicherweise irrationaler, dysfunktionaler Störfaktor des ubiquitären Organisationsprinzips >Maschine< angesehen werden“ (Peter Gorsen 1975)
MIND MOVES generiert die bio-akustische Mensch-Maschine durch Unfälle und Zufälle im Realen.
MIND MOVES operiert mit der Dysfunktionalität der Mensch-Mensch und der Klang-Maschine.
MIND MOVES in der Bibliothek: „Das moderne Kunstwerk ist alles (...) sobald es läuft: das moderne Kunstwerk ist eine Maschine und funktioniert in solcher Weise. (...) Das moderne Kunstwerk hat kein Sinnproblem, es hat einzig ein Problem des Gebrauchs.“ (Deleuze: Proust & die Zeichen)
MIND MOVES löst psycho-akustische Denkdiskurse und philosophische Denkrätsel aus, in denen der Mensch Zubehör der Maschine ist und bio-mechanische Elektrizität die Mechanik auslöst.
MIND MOVES in der Bibliothek: „Form ist Ergebnis – das Ergebnis eines Prozesses.“ (Edgar Varèse)
MIND MOVES setzt mannigfaltige Maschinen des Begehrens in Gang. Und bringt dabei einige davon zum Stottern.
MIND MOVES definiert die Welt als gemachte gebaute Maschine und sieht sich dabei selber als De-Konstruktions-Maschine des natürlichen wie des maschinellen.
MIND MOVES in der Bibliothek: „Ich hatte gezeigt, welche Strukturen die Nerven und Muskeln des menschlichen Körpers haben müssen, damit die Lebensgeister darin die Kraft haben, seine Glieder zu bewegen... Dies wird dem keineswegs sonderbar vorkommen, der weiß, wie viele verschiedene Automaten oder bewegungsfähige Maschinen menschliche Geschicklichkeit zustande bringen kann, und dies unter Verwendung nur sehr weniger Einzelteile verglichen mit der großen Anzahl..., die sich im Leib des Tiers finden. Er wird diesen Leib für eine Maschine ansehen, die aus den Händen Gottes kommt.“ (René Descartes: Von der Methode, 1637)
MIND MOVES verkompliziert
MIND MOVES möchte gerne wissen, was es ist. Wiederholungsmaschine? Kunstmaschine? Imaginationsmaschine?
MIND MOVES nimmt Freud ernst. Der "Mensch als Prothesengott" bekommt hier eine Körperverlängerung.
In der Perpetuum Mobile-Maschinen MIND MOVES haben KünstlerInnen im Grunde keine Funktion mehr. Sie holen sich diese aber wieder zurück indem sie die Rolle des ersten "Movers" übernehmen. Jener Person, die den Schaltknopf erstmals auf „On“ stellt.
MIND MOVES ist ein bio-akustisches Bild als Denkbild. Ein Rätsel, dem nur im Prozess näher zu kommen ist.
MIND MOVES in der Bibliothek: „ Schöpferisch sein ist stets etwas anderes gewesen als kommunizieren. Das Wichtige wird vielleicht sein, leere Zwischenräume der Nicht-Kommunikation zu schaffen, störende Unterbrechungen, um der Kontrolle zu entgehen.“ (Gilles Deleuze)
MIND MOVES bleibt auch dechiffriert ein Geheimnis. Unverhüllt wird es noch rästelhafter.
MIND MOVES will verblüffen und hat dabei keine Angst vor Taschenspielertricks, wenn es darum geht die Wahrnehmung zu stören. Merke: Ohne Störung, Stottern, Stolpern keine Wahrnehmungsveränderung.
MIND MOVES in der Bibliothek: „Den Körper als konstruierten Körper zu denken verlangt, die Bedeutung der Konstruktion selbst neu zu denken.“ (Judith Butler)
MIND MOVES ist eine bio-akustische Illusionsmaschine. Sie zerstört die Illusion autonomer Subjektivität zugunsten mechanischer Verknüpfungen.
MIND MOVES ist eine Versuchsanordnung und stellt alte Fragen neu. Karl-Heinz Stockhausen sagte einmal: „Wir sind ein ganzes System periodischer Rhythmen im Körper. Es gibt viele überlagerte Periodizitäten, von sehr schnellen bis zu sehr langsamen. Und die erzeugen dann zusammen eine sehr polyrhythmische Musik im Körper.“ MIND MOVES lässt Sie diesen Satz nun am eigenen Leib testen.
MIND MOVES sagt: Bio-Akustik generiert sich aus dem Körper und in den Körper zurück. Body 2 Body als permanenter Loop.
MIND MOVES macht Sie innerhalb der Installation zu flanierenden nomadischen bio-akustischen Wesen. Sie können den Raum und die Klänge durchqueren, ohne diese besitzen zu müssen.
MIND MOVES in der Bibliothek: „Virtuelle Realität dematerialisiert dich, aber Maschinenmusik rematerialisiert dich.“ (Eshun)

by Didi Neidhart